In der Regel singt der Dresdner Kreuzchor an Ostern zweimal die Matthäuspassion in der Kreuzkirche – diesmal stand aber die Johannespassion auf dem Programm. Zuletzt wurde sie 2011 dort aufgeführt. In einem Interview hat Martin Lehmann gesagt, dass er sich schon als Knabe gewünscht hat, sie einmal dirigieren zu dürfen. Mir erschließt sich nicht, weshalb sie dann nicht 2024 aufgeführt wurde, als sie 300 Jahre alt wurde. Und mir erschließt sich auch nicht, weshalb sie zu Karfreitag parallel in der Dresdner Kreuzkirche um 16 Uhr und in der Dresdner Frauenkirche um 20 Uhr aufgeführt wurde – nachdem sie bereits an Gründonnerstag in der Kreuzkirche zu sehen war.
In der Kreuzkirche gibt es immer eine Aufführung an Gründonnerstag und eine an Karfreitag. Im Fall der Matthäuspassion ist zumindest die Aufführung an Karfreitag meistens ausverkauft. Dieses Mal waren nur rund 2.000 der 3.000 Plätze verkauft – was natürlich an der Konkurrenz in der Frauenkirche liegen kann, als auch an der insgesamt geringeren Begeisterung für die Johannespassion. Wobei ich sagen muss, dass die Kreuzkirche als Konzertort der Frauenkirche weit überlegen ist, da man in der Frauenkirche die Aufführenden nur schlecht sehen kann. Aber touristisch strahlt die Frauenkirche natürlich viel weiter, als die Kreuzkirche.
Musikalisch würde ich auch die Kreuzkirche vorziehen – eben wegen des Kreuzchores, dessen Klang man bei einem gemischten Chor nicht erzielt. In der Kreuzkirche spielte die Dresdner Philharmonie, in der Frauenkirche das Ensemble Frauenkirche, das sich aus Musikern der beiden großen Dresdner Orchester (Dresdner Philharmonie und Staatskapelle Dresden) zusammensetzt. Wobei das Orchester in der Frauenkirche kleiner besetzt war.
Die Solisten waren bei beiden Aufführungen hervorragend – gehört habe ich sie natürlich nur in der Kreuzkirche. Da dort allerdings der Tenor Werner Güra leider erkrankt war, der ursprünglich die Partie des Evangelisten hätte singen sollen, sprang Tobias Hunger ein, der dann die Tenorpartie sang, während Wolfram Lattke den Part des Evangelisten übernommen hatte. Tobias Hunger sang in der Frauenkirche offenbar beide Partien. Tobias Hunger hat wieder herausragend gesungen. Ich weiß nicht, ob ich je einen besseren Tenor gehört habe!
Hanna Herfurtner sang die Sopranarien, Tim Mead als Altus die Altarien, André Morsch den Jesus und Jonathan Sells die Bass Partie. Unter Martin Lehmann wurde eingeführt, dass die Alt-Stimme mit einem Altus besetzt wird – der zweifelsohne hervorragend gesungen hat – trotzdem ist mir ein Frauenalt lieber und hier hätte ich gern Henriette Gödde gehört, die den Part in der Frauenkirche gesungen hat und die ich als großartige Alt-Sängerin kenne.
Ich habe sowohl die Aufführung an Gründonnerstag wie an Karfreitag erlebt und wie meistens fand ich die Aufführung am Karfreitag etwas gelungener. Gerade der Eröffnungschor war dichter und konzentrierter.
Es war schön, die Johannespassion wieder gehört zu haben, aber im Vergleich zur Matthäuspassion fällt sie für mich doch etwas ab. Nicht nur, weil sie kürzer ist, sondern auch weil sie musikalisch nicht so eingängig ist, wie die nur drei Jahre später uraufgeführte Matthäuspassion. Nichtsdestotrotz war die Altarie Es ist vollbracht und der Chor Ruht wohl sehr beeindruckend zu hören!
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