Anne-Sophie Mutter ist in einem Streichquartett zusammen mit Ye-Eun Choi an der zweiten Geige, Vladimir Babeshko an der Bratsche und Daniel Müller-Schott am Cello in der Alten Oper in Frankfurt aufgetreten. Es war für mich das erste Mal sie zu erleben und ich war sehr gespannt auf das Konzert. Ungewöhnlich und auch ein bisschen schade fand ich, dass sie in der Kammermusikbesetzung im Großen Saal gespielt haben – aber das ist eben ihrer Popularität geschuldet. Das Haus war zwar nicht voll, aber sicher zu voll für einen Kammermusiksaal.
Amüsant war, dass sie ihre Brille erst aufgesetzt hat, als sie sich zum Spiel hingesetzt hatte und für den Applaus hat sie sie sofort abgesetzt. Nachdem sie sich hingesetzt hatte, hat sie aber auch gleich streng das Publikum über die Brille hinweg angesehen und als das Publikum nicht still genug war, hat sie nochmal geschaut. Und dann ging es auch gleich los.
Zunächst das Streichquartett Es-Dur op. 20 Nr. 1 von Joseph Haydn, sozusagen dem Erfinder des Streichquartetts. Ich bin kein intimer Kenner des Streichquartetts, aber ich weiß, dass es Ensembles gibt, die schon viele Jahre zusammen spielen. Diese vier haben jetzt ein paar Konzerte zusammen gespielt. Für mich klang es aber wie perfekte Harmonie – unter der Leitung von Anne-Sophie Mutter. Immer wieder kurze Blicke, ein Lächeln, das war einfach beeindruckend!
Das zweite Stück war dann das Streichquartett G-Dur op. 18 Nr. 2 von Ludwig van Beethoven. Beethoven ist von Bonn nach Wien gegangen, um bei Haydn zu lernen. Auch wenn er der Auffassung war, nichts gelernt zu haben hört man gerade bie diesem Streichquartett noch die Nähe zu Haydn. Erst später hat er sich davon emanzipiert.
Nach der Pause ging es damit los, dass uns Frau Mutter gelobt hat. Wir wären ein so leises und aufmerksames Publikum, wie es die Stücke von Haydn und Beethoven erfordern würden. Nur so könnte man die schnellen Wechsel von leisen Passagen zu fortissimo und umgekehrt wirklich hören und das sei auch für sie als Musiker wichtig. Und dann erklärte sie uns, dass sie das nachfolgende Stück zusammen mit anderen Werken von Beethoven im Beethoven Jahr spielen wollten, es aber erst dieses Jahr uraufführen konnten und plauderte noch ein wenig. Als Zuhörer war es wirklich toll, so vom Künstler abgeholt und mitgenommen zu werden!
Das ging dann noch weiter, denn das folgende Stück von Jörg Widmann war eine Studie über Beethoven, 2019 komponiert, 2022 uraufgeführt. Und damit wir es als Publikum leichter hatten dieses Werk zu verstehen, wurden uns einzelne Passagen vorgespielt, die wir dann später wiedererkennen sollten – also eine Roadmap für das Stück, wie Frau Mutter sagte. Eine solche Art der Werkseinführung durch die Künstler selbst habe ich bisher noch nie erlebt. Das war einmalig! Und wenn wir durchhalten würden, würden sie danach noch etwas von Mozart spielen.
Das Stück von Widmann war natürlich ganz anders, also die klassischen Werke. Aber man konnte gut den Bezug zu den beiden vorangegangenen Streichquartetten hören. Teilweise driftete es dann ins atonale ab, war aber insgesamt immer noch gut hörbar. Und auch hier war es ein gemeinsames Spiel der Musiker. Einfach großartig!
Als Zugabe gab es dann den dritten Satz aus dem Streichquartett D-Dur Nr. 2 molto allegro oder eher presto, wie Anne-Sophie Mutter sagte.
Insgesamt ein fantastisches Konzert, dass ich erleben durfte!
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