Diese Saison sieht eigentlich drei Konzerte von Teodor Currentzis mit dem SWR Symphonie Orchester in der Liederhalle in Stuttgart vor. Leider war er erkrankt. Eingesprungen ist dankbarerweise Michael Sanderling.
Michael Sanderling war bis zur letzten Saison Chefdirigent der Dresdner Philharmoniker – er hat aufgrund von Budgetkürzungen nicht verlängert. Witzigerweise habe ich die Dresdner Philharmoniker schon ganz oft gesehen, allerdings nie unter Sanderling. Das war für mich die erste Gelegenheit ihn live zu erleben.
Und im Erleben sind beide Dirigenten sehr unterschiedlich! Während Currentzis auf mich sehr ausdrucksstark und begeisterungsfähig wirkt, empfand ich Sanderling eher als sehr strukturiert aber verschlossener. Über die Qualität des Dirigats kann ich mir kein Urteil erlauben. Beides sind großartige Dirigenten und die Leistung des Orchesters war wieder tadellos.
Aufgrund der Besetzungsänderung gab es auch eine Änderung im Konzert. Statt der Stele für Großes Orchester von György Kurtág spielte der Artist in Residence ein zusätzliches Cellokonzert von Henri Dutilleux, geplant gefolgt vom Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 2 von Schostakowitsch.
Der Dutilleux ist von 1976 und das hört man ihm auch an. Das fällt ganz klar unter Avantgarde Musik, wobei man es noch erstaunlich gut hören konnte.
Das 2. Cello-Konzert von Schostakowitsch wird nicht so oft gespielt wie das 1. Cello-Konzert. Ich kannte beide nicht, allerdings gilt das Erste als viel gefälliger als das Zweite und das glaube ich sofort. Um dieses Konzert wirklich zu schätzen muss man es sicher viel öfter hören.
Cello-Solist war Nicolas Altstaedt, der in dieser Saison Artist in Residence des SWR Symphonieorchesters ist und außerdem Artist in Focus der Alten Oper Frankfurt. Er gehört zu den bedeutenden Cellisten heutzutage und hat viel Applaus erhalten.
Alle Zuschauer mit denen ich mich unterhalten habe waren restlos begeistert von seiner Leistung, die man – soweit ich das beurteilen kann – getrost als herausragend bezeichnen kann. Allerdings muss ich sagen, dass bei mir der Funke nicht so übersprang. Und das lag nicht nur an den schwierigen Stücken, sondern auch an der Person Nicolas Altstaedt, die mich nicht mitzureißen vermochte und die ich nicht besonders sympathisch fand.
Allerdings hat mich die Zugabe doch begeistert, es handelte sich um ein kurzes Stück von Jean Sibelius für Violine und Cello Wassertropfen, was der mit 9 Jahren komponiert hatte (sein erstes notiertes Werk).
Nach der Pause ging es weiter mit dem Idyll für großes Orchester Im Sommerwind von Anton Webern. Ich bin nicht sicher, ob ich schon etwas von Webern gehört hatte und habe ihn mit Schönberg verdrahtet. Insofern habe ich atonale Musik erwartet – die aber nicht kam. Stattdessen war das Stück eher jazzig, sehr eingängig und hat viel Spaß gemacht.
Danach kam das Adagio aus der unvollendeten 10. Sinfonie von Gustav Mahler. Und auch dieser Teil des Konzertes war einfach toll! Wie schade, dass er diese Sinfonie nicht mehr fertig stellen konnte.
Nach dem Konzert ergriff dann der 1. Cellist das Wort. Bei Konzerten mit Teodor Currentzis wäre es ja üblich, dass es danach noch weitere Musik gäbe. Und auch wenn er jetzt leider erkrankt wäre würde man daran doch festhalten wollen. Insofern solle man ruhig nach einem weiteren Getränk wieder kommen, es gäbe ein ungewöhnliches Quartett zu hören.
Natürlich bin ich wieder gekommen! Und tatsächlich war das Quartett ungewöhnlich besetzt: mit Klarinette, Trommel, Cello und Horn. Und auch das Stück war ungewöhnlich aber richtig toll. Im Nachgang haben wir dann erfahren, dass es sich um ein Werk von Bohuslav Martinů handelte.
Es war wieder ein toller Musikabend in Stuttgart!
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