Fast genau drei Jahre musste ich darauf warten ein Konzert in der Elbphilharmonie zu hören. Endlich war es soweit. Und nicht irgendein Konzert, sondern ein Konzert des Windsbacher Knabenchores zusammen mit dem Percussionist Simone Rubino. Eine großartige Erfahrung!
Das Programm hieß Water and Spirit – a-cappella Chormusik trifft Percussion. Vor ungefähr einem Jahr kam es zu einer Zusammenarbeit zwischen den Windsbachern und Simone Rubino. In der Folge wurde eine CD veröffentlicht und es gab verschiedene gemeinsame Konzerte, jetzt auch in Hamburg.
Das Konzert begann sehr stark mit Nun bitten wir den heiligen Geist von Johann Walter in einem für die Windsbacher fast typischen aber eben ungewöhnlichen Arrangement, bei dem der Chor selbst teilweise als Percussion-Instrument wirkte.
Weiter ging es eher klassisch mit Der Geist hilft unserer Schwachheit auf von Johann Sebastian Bach, wo Simone Rubino die Orgelbegleitung auf dem Marimbaphon spielte.
Ähnlich klassisch ging es dann weiter, bis Simone Rubino Autumn von Tan Dun aufführte. Hier konnte man erleben, was für ein phantastischer Percussionist er ist. Das war sehr beeindruckend!
Für mich nahm das Konzert hier eine Wendung. Während es sich bis dahin auf dem gewohnt hohen Niveau des Chores abspielte konnte sich der Chor jetzt nochmal steigern. Gefühlt gewann das Konzert mit jedem weiteren Stück.
Besonders intensiv habe ich das Nachtlied von Max Reger erlebt, bei dem sich der Chor im ganzen Konzertsaal verteilt hat und der Klang des Liedes von überall her kam. Das hat insbesondere im großen Konzertsaal der Elbphilharmonie ausgezeichnet funktioniert. Hier konnte man die wunderbare Akustik besonders gut wahrnehmen.
Das Wechselspiel zwischen Percussion und Gesang konnte man beim letzten Lied Alleluja von Jake Runestad besonders gut erkennen, wo auch die Sänger durch schlichtes Klopfen auf die Brust und durch klatschen Teil der Percussion wurden. Davon gibt es eine ganz tolle Aufnahme aus dem letzten Jahr.
Vor der Zugabe gab es noch etwas zu Lachen, als sich alle Sänger und Simone Rubino bereits konzentriert hatten und plötzlich ein Handy erschallte. Spontan spielte Simone den Telekom Jingle auf dem Xylophon, woraufhin das gesamte Publikum schallend lachte.
Als wieder Ruhe einkehrte konnten wir dann Stars von Ēriks Ešenvalds hören. Das passte wunderbar und der Alt-Solist war hervorragend! Hier eine Fassung von Voces8.
Im Anschluss gab es teilweise Standing Ovations, aber leider keine weitere Zugabe.
Bleiben wir kurz beim Publikum: es war ausgesprochen klatschfreudig! Während Martin Lehmann kurz vergeblich versucht hatte das Publikum vom Klatschen abzuhalten, musste er dann doch nachgeben und nach fast jedem Stück den Applaus hinnehmen. Leider war es manchmal sogar so, dass das Publikum nicht einmal abgewartet hat, bis der letzte Ton eines Stückes verklungen war, bevor sie mit dem Klatschen angefangen haben. Es kann doch nicht so schwer sein zu warten, bis der Dirigent die Arme senkt?
Der Dirigent war wie immer Martin Lehmann. Er leistet mit den Windsbachern grandiose Arbeit. Das Konzert heute schien aber auch eine gewisse Herausforderung gewesen zu sein. Ich habe ihn noch nie so sehr schwitzen sehen, wie heute. Die Elphi ist eben ein besonderes Konzerthaus, bei dem alles gelingen soll.
Und wie ist nun der große Konzertsaal der Elphi? Der Saal hat mich spontan an die Berliner Philharmonie erinnert – was kein Zufall ist. Ich habe nachgelesen, dass die Architektur daran angelehnt ist. Der Saal selbst fast 2.100 Personen. Das ist groß und hätte ich nicht erwartet. Wenn man darin sitzt, fühlt sich der Konzertsaal eher kuschelig und intim an (zumindest von meinem Platz aus – 1. Reihe genau in der Mitte). Da die Bühne nicht sehr hoch ist, kann man auch sehr gut in der 1. Reihe sitzen. Die Sitze sind übrigens ausgesprochen bequem.
Klanglich gab es nichts auszusetzen. Ich bin zwar ein Fan davon geistliche Musik in der Kirche zu hören. Aber ich habe ausgezeichnet gehört und mir hat das Klangbild sehr gut gefallen. Es ist sehr ausdifferenziert, damit ein bisschen kühl, aber nicht so extrem wie im Nikolaisaal in Potsdam. Man hört eben nicht jedes Knistern im ganzen Saal.
Zum Abschluss noch eine persönliche Anekdote: das Hotel meiner Begleitung und mir lag am unteren Ende der Außenalster. Leider habe ich mich völlig verschätzt, wie lange man wohl von dort bis zur Elbphilharmonie benötigt – und dummerweise auch keine moderne Technik eingesetzt, um es herauszufinden. Und so waren wir strammen Schrittes letztlich so spät am Konzerthaus, dass uns die freundlichen Helfer quasi vom Eingang bis zum Platz durchgelotst haben. Die letzten Meter musste ich rennen. Die Türen waren bereits zu und als ich auf meinem Platz saß konnte ich gerade noch meine Jacke ausziehen, als schon der Chor die Bühne betreten hat. Ich war noch nie so knapp in einem Konzert und kann das eigentlich gar nicht leiden. Zum Ausgleich mussten wir dann danach die Atmosphäre des Hauses noch aufsaugen!
Comment
Schöne Fotos, kenntnisreiche Texte, interessante Website. Das Lob, dass hier der Akustik im Großen Saal gilt, teile ich gern. Ich habe Ähnliches erlebt, mehr dazu hier: s. https://www.elb-plaza-philharmonie.guide/blog/elphi-spezial/. Der Blog ist der Elbphilharmonie gewidmet. Gleichwohl teile ich den Eindruck, dass geistliche Musik lieber in den 5 Hamburger Hauptkirchen, z.B. im Michel oder in St. Jacobi, gehört werden sollte. Das Gesamterlebnis ist stimmiger.
Für weiterführende kulturelle Erlebnisse in Hamburg empfehle ich gern auch: https://www.hamburg-by-rickshaw.de/angebot/.