In der Kreuzkirche in Dresden erklingt die Matthäuspassion immer an Gründonnerstag sowie an Karfreitag und ich höre in der Regel beide Aufführungen. Wie meistens war die Karfreitagsaufführung auch diesmal wieder ein bisschen besser, als die Donnerstagsaufführung.
Martin Lehmann hat den Kreuzchor im September übernommen und von Anfang an ein paar Sachen verändert. Das zeigt sich, wie mir berichtet wurde, auch im Choralltag sozusagen, also den vielen Vespern die gesungen werden, wo jetzt oft einzelne Kruzianer Soli singen. Aber auch bei der Matthäuspassion gab es Änderungen.
Das zeigte sich z.B. an einer Umbesetzung des Basso Continuo, das diesmal mit einer Laute besetzt war, die viele Passagen des Cembalo übernommen hat. Ich habe an anderer Stelle geschrieben, dass mir das Instrument oft zu leise ist, aber im Basso Continuo und einigen Arien passt das sehr gut – wobei ich sehr weit vorn sitze und das für den Rang nicht beurteilen kann.
Für den Anfangs- und Schlusschor des ersten Teils sowie des Anfangssatzes des zweiten Teils wurden Teile des Knabenchores, also Sopran und Alt, aus dem Chor herausgelöst und weiter nach außen gestellt. So wird insbesondere dem Eingangschor mit den zwei getrennten Chören noch weiter Rechnung getragen. Außerdem wurde das Holz aus dem Orchester herausgelöst und ebenfalls weiter rechts und links platziert, so dass auch tatsächlich quasi zwei Orchester spielten. Das hat hervorragend funktioniert!
Außerdem wurden nicht nur Testis I und Testis II von Solisten des Chores (anstelle des Bassisten) gesungen, sondern auch die Rollen Petrus, Judas, Pontifex, Pontifex I und Pontifex II. Insbesondere Julian Deckert als Judas konnte hier brillieren, so dass man nur hoffen kann, dass er dem Gesangsfach auch nach dem Abitur treu bleibt! Ausgezeichnet auch Benjamin Taubert als Pontifex!
Nach der zweiten Bassarie wechselte Daniel Ochoa von der rechten Seite auf die linke Seite, von wo aus er dann den Pilatus sang. Dadurch war das Zwiegespräch zwischen den beiden Bässen, also Jesus und Pilatus nicht nur auf einer Seite, sondern auch weiter entzerrt. Auch eine schöne Idee!
Herausragend gesungen hat die Altistin Marie Henriette Reinhold, die ich zuletzt beim Himmelfahrtsoratorium vor vier Jahren gehört habe und die mich damals schon überzeugen konnte. Ebenso herausragend war Daniel Ochoa, den ich schon oft mit dem Kreuzchor zusammen gehört habe. Und ebenso beeindruckend war Jochen Kupfer, der als Jesus teilweise fast sphärisch klang. Zuletzt hatte ich ihn letztes Jahr als Elias gehört, wo er mich auch begeisterte! Wolfram Lattke als Evangelist gefällt mir zwar von der Ausstrahlung her sowie auch stimmlich, aber ich fand ihn nicht ganz so auf der Höhe mit den anderen Solisten. Ebenso fand ich die kurzfristig für die krankheitsbedingt ausgefallene Hanna Zumsande eingesprungene Sopranistin Robin Johannsen zwar stimmlich schön, aber nicht so kräftig, wie die Kreuzkirche das erfordert.
Die Dresdner Philharmonie hat wieder ausgezeichnet musiziert. Ganz besonders die vielen Soli aus der Matthäuspassion waren wieder wundervoll zu hören. Hier natürlich insbesondere die Konzertmeisterin Heike Janicke in der Altarie Erbarme dich um meiner Zähren willen und die Oboistin Undine Röhner-Stolle in der Tenorarie Ich will bei meinem Jesu wachen.
Die Matthäuspassion ist auf jeden Fall ein Stück, das man gehört haben muss und das mir immer wieder Gänsehaut bereitet. Jetzt kann Ostern kommen!
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