In der Oper Frankfurt konnte man sich wieder Carmen ansehen, in der Inszenierung von Barrie Kosky von 2016. Das Haus war ausverkauft. Carmen ist die meistgespielte Repertoireoper der Welt und man fragt sich, ob man da noch etwas Neues zaubern kann, aber man kann! – Gut, ganz neu ist es auch nicht mehr und in Frankfurt ist es immerhin schon die fünfte Wiederaufnahme. Aber das ausverkaufte Haus zeigt einerseits, dass diese Oper eben sehr beliebt ist, aber andererseits sicher auch, dass es sich um eine ganz besondere Inszenierung von dem Regisseur handelt, der 2016 Regisseur des Jahres wurde.
Barrie Kosky führt die Oper auf ihre Wurzeln der Opéra comique zurück, für die Georges Bizet das Werk als Auftragsarbeit komponiert hatte. Wobei die musikalischen Nummern nicht durch gesprochene Dialoge verbunden sind, sondern dem Zuschauer die Handlung von einer Sprecherin (vom Band) erzählt wird. Das funktioniert wunderbar! Ergänzt wird das Geschehen durch vielfach eingestreute Tanzeinlagen professioneller Tänzer, die die Handlung teilweise karikieren oder einfach nur bereichern.
Das Bühnenbild besteht in allen Akten nur aus einer riesigen Treppe, die quasi die komplette Bühne einnimmt und auch bis fast unter die Bühnendecke reicht. Man konnte sie etwas nach vorn oder hinten bewegen, je nachdem, ob etwas mehr Spielbereich auf der Bühne benötigt wurde oder einfach nur das Publikum gespiegelt werden sollte. Die Inszenierung begnügt sich damit, wie sie die Figuren auf der Treppe anordnet und sie das Licht gesetzt wird. Und auch das wird oft ins Extreme gesteigert, z.B. sitzt der gesamte Chor dich beieinander gedrängt im Dunkeln auf der einen Hälfte der Treppe, zwei Sänger stehen weit auseinander auf der hellen Seite der Treppe. Und dieses Spiel ist immer perfekt!
Herausragend sind die Auftritte von Carmen mit ihrer Arie L’amour est un oiseau rebelle im ersten Akt, und von Escamillo mit der Arie Toreador, en Garde im zweiten Akt, wie auch die Flamenco Tanzeinlage durch das kleine Tanzensemble zu Beginn des dritten Aktes und der Auftritt Carmens im vierten Akt mit der Schleppe, die quasi die gesamte Bühne einnahm. Das waren unglaublich starke Bilder, die sich dem Zuschauer einprägen.
Auf die Handlung sei hier nicht eingegangen. In jedem Fall erarbeitet die Inszenierung die Auseinandersetzung der verschiedenen Charaktere im Detail und leuchtet sie in großer Tiefe aus. Auch das zeichnet diese Inszenierung aus.
Musikalisch ist Carmen sowieso ein Leckerbissen. Das Orchester war relativ klein besetzt, dafür der Orchestergraben weit oben. Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester hat wie immer hervorragend gespielt. Gesanglich war das insbesondere von Nicholas Brownlee als Escamillo und Varduhi Abrahamyan als Carmen eine herausragende Leistung! Und tänzerisch war Rouven Pabst einfach einzigartig!
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