Kurz nach der Aufführung der Alpensinfonie durch das Frankfurter Opern- und Museumsorchester steht die Sinfonie schon wieder in der Alten Oper auf dem Programm, diesmal aber gespielt vom hr-Sinfonieorchester – dem anderen großen Sinfonieorchester in Frankfurt, dirigiert von Nicholas Collon. Auch diesmal bildete die Alpensinfonie den zweiten Teil des Konzertes.
Zunächst stand das kurze Werk Chorale vom finnischen Komponisten Magnus Lindberg, 2002 uraufgeführt, auf dem Programm. Das besondere an dem Werk ist, dass es sich auf das Violinkonzert von Alban Berg bezieht, das sich auf den Bach-Choral Es ist genug bezieht, der aus dem Kirchenlied Es ist genug von Johann Rudolph Ahles entstanden ist. Das Werk thematisiert „Sterben und Tod“, was man beim hören gut nachvollziehen kann.
Das zweite Werk war die europäische Uraufführung des 3. Violinkonzertes des estnischen Komponisten Erkki-Sven Tüür mit dem Titel Gespräche mit dem Unbekannten. Ein Auftragswerk gemeinschaftliche vom Hessischen Rundfunk, dem Oregon Symphony und den Göteborger Symphonikern. Es besteht aus drei nahtlos ineinander übergehenden Sätzen, mit der Tempofolge langsam-schnell-langsam. Tatsächlich klang der erste Satz für mich nach einer Art Gespräch zwischen der Solovioline, dem Klavier, der Harfe und dem Xylophon, angereichert durch die Klangfarben der übrigen Instrumente. Das Programm bezeichnet den zweiten Satz als „groovig“ – so weit würde ich sicher nicht gehen, aber er war deutlich temporeicher. Der dritte Satz war dann wieder viel geheimnisvoller. Insgesamt keine Musik, die ich mir mit großer Begeisterung nochmals anhören würde.
Solist war der israelische Geiger Vadim Gluzman, den Erkki-Sven Tüür für dieses Werk bereits vorhergesehen hatte. Ich kannte ihn nicht. Aber er gehört offenbar auch zu den großen Violinvirtuosen und spielte natürlich hervorragend auf einer Stradivari Geige.
Nach der Pause erklang schließlich die Alpensinfonie von Richard Strauss. Wie so oft, gewinnt ein Werk, wenn man es mehrfach hört. Diesmal war es mir möglich, dem Programm der Sinfonie, die immerhin in zwanzig verschiedene Zwischenüberschriften aufgeteilt ist, vollständig zu folgen und jedes Programmteil klar herauszuhören. Das ist wirklich ein beeindruckendes Werk, das sehr viel Spaß macht zu hören. Man kann sich das Erlebnis des Teenagers Richard Strauss sehr gut vorstellen, auf das dieses Werk tatsächlich zurückgeht, obwohl es seine letzte sinfonische Dichtung war.
Gern würde ich die beiden Orchester vergleichen, die ich mit nur zehn Tage Abstand mit den gleichen Werk im gleichen Saal gehört habe. Aber letztlich fällt es mir schwer. Am Ende fließt so viel vom eigenen Erleben in das Gesamterlebnis mit ein. Mein Gefühl sagt mir, dass das Opern- und Museumsorchester unter Thomas Guggeis ein wenig präziser gespielt hat. Aber ob es wirklich so war, kann ich kaum beurteilen. Und ob es für das Erlebnis des Werkes von Relevanz ist, auch nicht. Dazu kommt, dass ich diesmal im Saal woanders gesessen habe, nämlich in der ersten Reihe des Rangs. Das verschafft einen anderen Überblick, aber auch eine größere Distanz. Bei diesem Werk mit seiner Riesenbesetzung tut der Abstand natürlich gut – persönlich würde ich aber weiterhin das Parkett bevorzugen. Vielleicht muss ich das Werk noch öfter hören, um die Klangkörper besser vergleichen zu können.
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