In Regensburg fand anlässlich des 1050jährigen Bestehens der Regensburger Domspatzen ein großes Knabenchorfestival statt: eingeladen hatte man fünf weitere Knabenchöre, laut Domkapellmeister Christian Heiß war damit in Regensburg die Championsleage der Knabenchöre vertreten; neben den Regensburger Domspatzen noch der Windsbacher Knabenchor, der Dresdner Kreuzchor, die Augsburger Domsingknaben, die Escolania de Montserrat und der Riga Cathedral Boys Choir. Das war definitiv keine Übertreibung!
Das Programm war so umfangreich, dass man es gar nicht vollständig besuchen konnte, da neben den sogenannten Double Feature Konzerten noch Klanghäppchen in der Festival Lounge sowie weitere Ereignisse stattfanden. Ich habe mich auf die Double Feature Konzerte und das Gala-Konzert beschränkt. Die Double Feature Konzerte waren immer Konzerte von zwei Chören, die mit einem gemeinsamen Locus iste von Anton Bruckner endeten. Dabei waren die Konzerte so eng getaktet, dass man quasi keine Pause dazwischen hatte.



Begonnen haben natürlich die Regensburger Domspatzen, zusammen mit der Escolania de Montserrat. Christian Heiß ist seit 2019 Domkapellmeister in Regensburg und seitdem hat sich der Chor fantastisch entwickelt! Ein besonderes Stück war das Passer Invenit, das von Wolfram Buchenberg speziell für die Regensburger Domspatzen geschrieben wurde. Dabei spielt er mit dem Wort Passer, was auf lateinisch Spatz heißt und lässt es vom Chor immer wieder wiederholen, so dass der Eindruck eines Zwitscherns entstehen soll. Noch stärker hat mich allerdings das Lied Even When He I Silent vom norwegischen Komponisten Kim André Arnesen von 2011 beeindruckt, das auf eine Inschrift in einem jüdischen Keller zurückgeht, in dem Juden von Nachbarn vor den Nazis versteckt wurden. „Ich glaube an die Sonne, auch wenn sie nicht scheint; ich glaube an Gott, auch wenn er schweigt.“ Eine starke Darbietung der Regensburger Domspatzen. Ich habe die ursprüngliche Aufführung auf Youtube gefunden und eingefügt.
Den zweiten Teil des ersten Double Features gestaltete die Escolania de Montserrat aus Katalonien, die insbesondere katalanische Musik mitbrachten. Für mich herausragend Nigra sum von Pau Casals von 1943.


Das zweite Double Feature gestalteten die Augsburger Domsingknaben und der Windsbacher Knabenchor. Die Augsburger Domsingknaben hatte ich noch nicht gehört. Sie sind unter der Leitung von Stefan Steinemann, der vor fünf Jahren als jüngster Domkapellmeister Deutschlands den Chor übernommen hat – er ist heute 32 Jahre alt. Die Augsburger haben hervorragend gesungen, teilweise auch nicht nur von der Bühne herab, sondern rings um das Publikum herum. Sie brachten außerdem eine Uraufführung von Georg Grün mit: Veni Sancte Spiritus. Auch das zeigt, dass die Musikszene in diesem Umfeld eben nicht nur traditionell und langweilig ist.
Noch weniger langweilig war das Im frühen Licht von Bernd Franke, das die Windsbacher mit auf dem Programm hatten. Auch das eine Komposition von 2024, die sehr eigen mit den Chorstimmen umgeht. Ganz besonders schön allerdings das Ave Verum von Philip Stopford von 2009.


Im dritten Double Feature erklangen schließlich der Dresdner Kreuzchor und der Riga Cathedral Boys Choir. Die Dresdner hatten ihr Was liegt die Stadt so wüst von Rudolf Mauersberger mitgebracht und mit Peace Upon You auch ein aktuelleres Werk von Arvo Pärt, das mit sehr gut gefallen hat.
Die Musikauswahl aus Riga war etwas ungewöhnlicher, was sicher auch damit zusammenhängt, dass der Chor ein ganz anderes musikalisches Spektrum abdeckt – bis hin zu Musicals. Der Chor wurde teilweise vom Klavier begleitet und das Ave Maria von Franz Schubert wurde ausschließlich von einem fantastischen Solisten mit Klavierbegleitung gesungen.


Am Abend standen schließlich alle sechs Chöre im Regensburger Konzertsaal, dem Audimax der Universität, auf der Bühne. Zunächst nacheinander, zum Schluss aber auch gemeinsam. Alle Chöre sangen hier zum Teil das, was sie mittags bereits gesungen hatten, aber auch weitere Lieder, die oft auch keinen sakralen Hintergrund hatten.
Beschlossen wurde dieses Gala-Konzert schließlich mit Anton Bruckners Locus iste. Diese Motette wurde ja schon als Abschluss jeden Double Features von zwei Chören gemeinsam gesungen und nun erklang es von über 400 Sängern von sechs Chören. Ein ganz wunderbares Stück, einzigartig dargeboten!
Als Zugabe wurde der Mond ist aufgegangen gesungen. Zunächst sang jeder Chor, unter der Leitung des jeweiligen Chorleiters, eine Strophe – wobei alle Chöre auf der Bühne standen und die Strophen nahtlos hintereinander gesungen wurden. Die siebte Strophe wurde dann von allen Chören gemeinsam gesungen.
Und schließlich gab es eine weitere Zugabe, auch wieder von allen Chören gleichzeitig dargeboten: The Lion sleeps tonight. Das hatte einfach einen Riesenspaß gemacht – sowohl dem Publikum, wie auch offensichtlich allen Sängern!
Ein außergewöhnliches Galakonzert, das auch hervorragend moderiert wurde! Die fast dreieinhalb Stunden vergangen wie im Flug. Das Publikum war begeistert und spendete minutenlange Standing Ovations. Und die Jungen auf der Bühne strahlten!
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