Die Uraufführung seiner einzigen Oper Die ersten Menschen in Frankfurt am Main hat Rudi Stephan nicht mehr erlebt. Er ist 1915 im ersten Weltkrieg ums leben gekommen, seine Oper wurde erst 1920 uraufgeführt. Dabei galt er damals schon als einer der talentiertesten Komponisten seiner Generation. Und das kann ich gut nachvollziehen.
Die Frankfurter Oper hat sich über 100 Jahre Zeit gelassen, dieses Werk wieder aufzuführen. Es ist ein starkes Stück, in jeder Hinsicht! Zunächst einmal ist es textlich stark – es zeigt die Spannung zwischen bürgerlicher Moral und sexueller Freiheit, es wirkt manchmal absurd komisch, dann wieder sehr bedrohlich, es thematisiert Fragen der Religion.
Dann ist es musikalisch stark. Vieles klingt schon nach neuer Musik, sehr deutlich schwingt noch Wagner mit. Die Instrumentierung mit Saxophon und Orgel ist ebenfalls ungewöhnlich.
Es singen nur 4 Sänger: Adam, Eva, Kain und Abel (die hebräisch Adahm, Chawa, Kajin und Chabel heißen). Und auch hier gibt es eine starke Leistung! Alle singen sehr gut bis ausgezeichnet.
Auch die Inszenierung ist stark. Während der erste Akt in einer Art Schutzraum spielt, zeigt der zweite Akt eine dystopische Welt. Und im zweiten Akt passiert es auch, dass Kain Abel erschlägt. Kain ist auf der Suche nach einem Weib, als er Abel dabei erwischt, wie er es mit Eva treibt. Voller Wut erschlägt er ihn und diese Szene hat es in sich. Es ist kein Wunder, dass die Oper Frankfurt die Aufführung erst ab 16 empfiehlt!
Selten hat mich eine Oper derartig begeistert und mitgenommen! Dazu kommt, dass es die vorletzte Aufführung von Sebastian Weigle war, dem Generalmusikdirektor. Er hat die Oper Frankfurt definitiv weiterentwickelt!
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