In der Frankfurter Alten Oper hat die neue Saison der Konzertreihe 2 x Hören begonnen. Es war voll im Mozartsaal, was ich bei Béla Bartók nicht erwartet hätte. Zu hören gab es das Werk Kontraste von 1938, gespielt von Carolin Widmann an der Violine, Jörg Widmann an der Klarinette und Dénes Várjon am Klavier. Das Werkstattgespräch moderierte wie immer Dr. Markus Fein, der Intendant der Alten Oper.
Das Werk ist dreisätzig und wurde wie immer bei dieser Reihe, detailliert auseinander genommen. Aber nicht nur das Werk wurde besprochen, auch Béla Bartók selbst stand im Mittelpunkt des Gesprächs. So haben wir gleich am Anfang aus einem Briefwechsel zwischen dem Geiger Joseph Szigeti und Béla Bartók erfahren, dass das Konzert von Benny Goodman in Auftrag gegeben wurde, der eben nicht nur Jazz gespielt hat, sondern auch an ernster Musik interessiert war und einige Werke in Auftrag gegeben hat. Dank der Intervention von Bartóks Frau hat der dann 300 Dollar (anstelle von 100 Dollar) verlangt, was Benny Goodman direkt akzeptiert hatte. Heutzutage haben die 300 Dollar inflationsbereinigt etwa einen Wert von 6.700 Dollar.
Ungewöhnlich ist natürlich die Besetzung mit Klarinette und Geige, sowie Klavier. In dieser Kombination gibt es nur sehr wenige Stücke überhaupt. Für die Geschwister Carolin und Jörg Widmann ist das daher eines der Stücke, die sie schon seit vielen Jahren zusammen spielen. Und das offenbar auch oft mit dem ungarischen Pianisten Dénes Várjon zusammen, der kulturell noch näher an dem Werk dran ist, wodurch wir hier ein Trio erleben durften, das perfekt zu dem Werk passt.
Man muss schon sagen, dass es sich um kein Werk handelt, das einfach ins Ohr geht. Dabei ist es weder tonal noch atonal. Bartók hat eine eigene Harmonik geschaffen, die uns von Dénes Várjon auch demonstriert wurde. Gerade der Anfang erinnert an Stücke von Ravel und Strawinsky, aber Bartók hat eben eine eigene Tonsprache, wie uns im Vergleich vorgeführt wurde.
Béla Bartók hat sich sehr für Volksmusik interessiert, was sich auch immer in seinen Stücken wiederspiegelt – entweder hat er die Volksmusik direkt verwendet und dann ergänzt oder er hat sie als Grundlage für seine Komposition verwendet, so wie bei Kontraste. Und um das weiter zu vertiefen, gab es wieder einen Überraschungsgast: den Geiger Tamás Gombai, Dozent für Volksmusik an der Franz-Liszt-Musikakademie in Budapest. Natürlich wurde uns einiges an ungarischer Volksmusik vorgeführt und natürlich haben sie dann auch spontan den dritten Satz spontan zu viert begonnen, um zu hören, wie sich die Volksmusik in dem Stück wiederfindet.
Klasse fand ich den kurzen Ausschnitt der Originalaufnahme des Stückes von Béla Bartók, Benny Goodman und Joseph Szegeti, den ich auch in Youtube gefunden habe:
Man kann nicht das komplette Werkstattgespräch hier wiedergeben. Auf jeden Fall war es ein fantastisches Konzert, bei dem man unglaublich viel gelernt hat! Ungewöhnlich war auch die außerordentliche Stille des Publikums: oft ist es so, das am Anfang noch viel geraschelt wird und zwischen den Sätzen ein Hustenkonzert losgeht. Diesmal hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Ich liebe es, wenn das Publikum so aufmerksam ist!
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