Ich war gestern im Konzert in der Stuttgarter Liederhalle und habe das SWR Symphonieorchester und das SWR Experimentalstudio unter der Leitung von Teodor Currentzis gehört.
Zunächst gab es „Ancient Voices of Children“ von George Crumb. Das Werk ist von 1970 und zählt wohl auch zur Avantgarde Musik. Sehr Percussion-lastig mit Sopranistin und Knabensopran. Hier eine Aufnahme des Werkes auf Youtube.
Wie fast alle zeitgenössischen klassischen Werke besticht auch dieses Stück nicht durch besondere Melodik. Wer sich wundert, weshalb die Sopranistin am Anfang über den Flügel gebeugt ist (es sieht so aus, als wolle sie sich übergeben): durch ihren Gesang werden die Saiten des Flügels zum schwingen angeregt. Das ist Teil der Komposition. Ich hatte mir das Stück vorher angehört und wusste, was auf mich zukommt. Dadurch konnte ich es abends wirklich schätzen.
Nach der Pause gab es dann Mahler 4 von 1901. Mahlers 4. Sinfonie ist die letzte der drei Wunderhorn-Sinfonien und steht musikalisch eigentlich der 9. Sinfonie zur Seite. Das heißt Mahler hat hier bereits die Romantik hinter sich gelassen und die moderne Klassik eingeläutet. Dementsprechend gemischt wurde dieses Werk damals aufgenommen. Für mich klingt das heute trotz seiner Dissonanzen absolut stimmig. Was hätten die Leute von damals wohl zur Avantgarde Musik von George Crumb gesagt?
Interessant war, dass nach dem Riesenapplaus nach dem eigentlichen Ende des Konzerts Teodor Currentzis das Mikrofon ergriffen hat und gesagt hat, dass man ruhig später nochmal kommen soll und dann weiter Musik gespielt würde. Ich habe dann meine Sitznachbarn gefragt, ob er das ernst gemeint hat, was sie bejahten. Also bin ich nach einer weiteren Pause wieder gekommen. Und tatsächlich hatten sie die Bühne wieder umgebaut. Vor noch geschätzt einem Viertel des Publikums gab es erneut ein sehr avantgardistisches Stück. Wie ich hinterher erfragt habe war es nochmals George Crumb mit „Vox Balaenae“ (voice of the whale) von 1971. Ein Stück, was von den Walgesängen beeinflusst ist für Flöte, Cello und Piano. Und man hat sogar die Regieanweisungen von Hr. Crumb umgesetzt: die Aufführung soll in blaues Licht getaucht sein und die Musiker sollen schwarze Masken tragen.
Mir wurde übrigens mitgeteilt, dass es immer so wäre, dass nach dem eigentlichen Konzert noch weiter musiziert würde. Es sei auch schon vorgekommen, dass man danach noch ins Bix weitergezogen wäre und es dort noch bis 3 Uhr morgens weiter gegangen wäre. Gestern nicht, aber es war trotzdem ein tolles Erlebnis und ich werde jetzt alle weiteren Konzerte von Hr. Currentzis auch buchen!
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