Am 13. Februar 1945, also vor 75 Jahren, wurde Dresden zerbombt. Für die Dresdner ein traumatisches Erlebnis, an das jährlich um diese Zeit mit einem Gedenkkonzert erinnert wird. Inzwischen wissen wir, dass Dresden nicht die am meisten zerstörte Stadt Deutschlands war; insofern steht das Gedenkkonzert in der Kreuzkirche Dresden einfach dafür, dass Krieg die schlechteste Option der Konfliktlösung ist.
Das Konzert begann wie immer mit der Motette von Rudolf Mauersberger Wie liegt die Stadt so wüst, gefolgt vom Glockengeläut. Anbei ein historisches Tondokument von 1967 mit Mauersberg selbst.
Der zweite Teil des Konzertes unterscheidet sich jedes Jahr. Und dieses Jahr hat mir jeder in meiner Gesprächsumgebung versichert, dass man den Paulus noch nie gehört hätte. Der Paulus ist das erste große Oratorium von Felix Mendelsohn Bartholdy, uraufgeführt 1836. Es behandelt – nicht sehr überraschend – die Geschichte des Apostels Paulus, insbesondere seine Wandlung von Saulus zum Paulus.
Und gerade die Wandlungsszene hat mich total begeistert. Wenn hier die sphärischen Himmelsstimmen vom Sopran und Alt gesungen werden, von den Oboen begleitet, im Dialog mit dem Bass-Solisten, der den Saulus singt, ist das einfach nur großartig inszeniert. Und so gab es einige Stellen, wo mich die Musik richtig begeistert hat, weil sie die Erzählung wunderbar trägt. Da wundert es nicht, dass der Paulus damals ein großer Erfolg war und oft gesungen und gespielt wurde. Offenbach hat ihm das zweite große Oratorium von Mendelssohn Elias dann aber den Rang abgelaufen.
Eine große Rolle im Paulus trägt die Sopran Solistin. Sie bringt die Geschichte in weiten Teilen voran, da es nicht wie in den Bachschen Passionen einen Evangelisten gibt, der die Rahmenhandlung erzählt. Stattdessen fällt diese Aufgabe dem Tenor, mehr noch aber der Sopranistin zu. Dieser Part wurde von Heidi Elisabeth Meier gesungen. Ich habe sie inzwischen schon oft gehört, aber gestern war sie einfach herausragend!
Richtig gut gefallen haben mir auch die Duette zwischen Tenor und Bass, von denen es mehrere im Paulus gibt. Die Stimmen vom Tenor Bernhard Berchtold und dem Bass Thomas E. Bauer harmonierten einfach wunderbar. Die Altistin Rebecca Martin hat gut gesungen wie immer, aber hatte gestern vor allem einen Hörplatz in der allerersten Reihe.
Der Chor hat im Paulus auch eine ganze Menge zu tun und der Kreuzchor hat das ganz prima gemeistert! Besonders die Bässe und die Alt-Stimmen waren sehr präsent. Was mich allerdings wundert ist, dass ein zweieinhalbstündiges Werk, das auch gar nicht so oft aufgeführt wird, vom Kreuzchor nur ein einziges Mal gesungen wird. Das ist doch völlig unökonomisch! In die Probenzeit muss doch richtig viel Aufwand geflossen sein – und alles nur, um das Werk einmal zum klingen zu bringen. Ich kenne keinen Künstler, der seine Resourcen so verschwenderisch einsetzt. Angemessen wäre zumindest eine kleine Tournee mit dem Paulus!
Das gleiche gilt natürlich auch für die Sächsisches Staatskapelle, die ebenfalls ganz ausgezeichnet gespielt hat. Das macht man doch nicht einfach mal eben.
Als Zuhörer weiß man natürlich, dass man Teil etwas Besonderen war. Selten aufgeführt, perfekt zum Klingen gebracht und das nur für den Augenblick. Da musste man jeden Moment genießen!
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