Ich hatte mir sehr gewünscht, dass die Musikfestspiele Dresden ganz normal – im Rahmen dessen, was zur Zeit normal ist – hätten stattfinden können. Konnten sie leider nicht. Von den geplanten acht Konzerten im Mai sind sieben ausgefallen und eines wurde verschoben, aber der Termin steht noch nicht fest.
Umso mehr hat es mich gefreut, dass mit dem jetzigen „Neustart“ zumindest ein paar Konzerte spontan stattfinden konnten. Eines davon habe ich erlebt: das Festspielorchester unter der Leitung von Ivor Bolton spielte Beethovens 5. und seine 6. Sinfonie. Gefördert wurde das Konzert unter anderem im Rahmen von Beethoven 2020 – dem Beethoven Jahr, das auch beliebig viele Ausfälle hinnehmen musste.
Ich habe weder die 5. noch die 6. Sinfonie bisher live erlebt. Hier wurden sie in dieser Reihenfolge hintereinander aufgeführt. Interessanterweise wurden beide Sinfonien 1808 zusammen uraufgeführt, wobei die 6. Sinfonie noch vor der 5. erklang. Damals erklangen daneben noch weitere Werke Beethovens – insgesamt ein vierstündiger Konzertmarathon, der obendrein künstlerisch eher mäßig gewesen sein soll.
In dieser Form hätte ich die Werke nicht erleben wollen; da war diese Aufführung weitaus angemessener und bot beiden Werken ausreichend Raum, auch wenn sie ohne Pause hintereinander aufgeführt wurden.
Beethovens 5. kennt jeder – zumindest den ersten Satz. Fast schon so etwas wie ein Schlager der Klassik – nur mit mehr Tiefgang. Und doch hat es Jahre gedauert, bis dieses Werk seine heutige Berühmtheit erlangt hat.
Die 6. (auch „Pastorale“) kannte ich nicht. Sie ist ganz anders, als die 5. Sinfonie und vom Charakter her Programmmusik – das Erlebnis eines Stadtmenschen, wenn er aufs Land kommt. Und ohne Frage kann man dieses Erlebnis beim Hören der Musik nachempfinden. Ganz besonders natürlich das Gewitter (den 4. Satz) – das musikalisch zu zeichnen gelingt den großen Komponisten immer sehr gut!
Coronabedingt war das Haus nicht einmal zu einem Viertel besetzt – jede zweite Reihe musste frei bleiben und zwischen zwei Plätzen mussten wiederum zwei Plätze frei bleiben. Dazu kam, dass das Orchester viel mehr Raum benötigte, damit die Musiker den Mindestabstand einhalten konnten. Dazu wurde die Bühne vergrößert, so dass die ersten vier oder fünf Zuschauerreihen weg fielen. Im Rahmen dessen war das Konzert aber ausverkauft – und ebenso die Wiederholung am Abend (ich habe die Matinee besucht).
Man konnte die Begeisterung des Orchesters spüren, wieder aufzutreten und des Publikums wieder ein Konzert zu erleben. Selten hat man Musiker so oft Lächeln sehen und das Publikum honorierte das mit einer Standing Ovation, die eventuell der guten aber nicht herausragenden Leistung nicht angemessen war, aber der Freude darüber, dass endlich wieder ein Konzert live erklingen konnte. Und so überwiegt die Freude über ein Konzerterlebnis gegenüber der Perfektion.
Leave A Reply