Cyrano de Bergerac ist ein Versdrama des ausgehenden 19. Jahrhunderts, das in den letzten Jahren ein Revival erlebt und immer wieder in abgewandelter Form auf der Bühne erscheint. Aktuell läuft es in London im Harold Pinter Theater mit James McAvoy in der Hauptrolle. Das hätte brillant werden können.
Cyrano ist ein Meister der Poesie. Er liebt seine Cousine Roxane. Doch er ist aufgrund seiner großen Nase körperlich entstellt und so traut er sich nicht ihr seine Liebe zu gestehen. Roxane verliebt sich in den hübschen Christian, der aber ein ziemlich einfaches Gemüt hat – was sie offenbar zunächst nicht bemerkt. Und so bittet sie ihren Cousin Cyrano zu vermitteln, dass Christian von ihrer Liebe erfährt. Dieser vermittelt nicht nur, sondern verleiht Christian auch noch sein poetisches Gespür, denn sonst fände diese Liebe sehr schnell ein Ende. Für Cyrano ist dies aber seine Möglichkeit Roxane seine Liebe zu gestehen – ohne, dass sie davon erfährt. Der große Gegenspieler ist Graf Guiche, der Roxane zu seiner Geliebten machen will. Cyrano verhindert das, indem er dafür sorgt, dass Roxane und Christian heiraten. Der Graf rächt sich, indem er die beiden Soldaten Christian und Cyrano, die beide in seinem Regiment dienen, in den Krieg schickt. Von dort aus schickt Cyrano täglich zwei Briefe in Christians Namen an Roxane, bis diese schließlich ins Heereslager reist, wo sie diesem gesteht, dass sie ihn nun nicht mehr nur wegen seines Äußeren liebt sondern wegen der Schönheit seiner Seele. Bevor Christian den Schwindel aufdecken kann, stirbt dieser. Erst Jahre später offenbart sich Cyrano, als er in einem Zweikampf tödlich verwundet in Roxanes Armen liegt und stirbt.
Die Inszenierung kommt im Wesentlichen ohne Bühnenbild aus. Es gibt ein paar bewegliche Elemente und unterschiedliche Beleuchtungssettings, aber die Inszenierung ist so angelegt, dass sich die ganze Geschichte aufgrund der Sprache und der starken schauspielerischen Fähigkeiten dem Zuschauer offenbaren muss.
Der Cast des Stückes ist im Schnitt gefühlt unter 25. Zunächst sind James McAvoy und Graf Guiche nicht auf der Bühne und ich hatte das Gefühl, ich blicke auf eine Gruppe von Studenten, die sich entschlossen haben Theater zu spielen. Leider haben sie das studentische Niveau bis zum Ende der Vorstellung gehalten.
Man hat das Stück zeitgemäß in Rap-Verse gepackt, teilweise untermalt vom Beatboxing einer der Darstellerinnen. Das fand ich durchaus beeindruckend, aber nach einer Viertelstunde auch ermüdend.
Die schauspielerische Leistung Herrn McAvoys war exzellent. Das reicht aber nicht aus, wenn der Rest der Darsteller das Mittelklasseniveau nicht erreicht. So sprach er z.B. konsequenterweise in schottischem Dialekt – passend, da Cyrano und Christian Gascogner sind. Christian sprach aber die Sprachfärbung, wie wir sie von Migranten kennen. Das passte für mich nicht.
Ich habe auch keine Ahnung, weshalb sich Christian und Cyrano irgendwann bevor Christian stirbt küssen müssen. Das kommt im Stück nicht vor und war auch vollkommen unpassend.
Alles in allem muss ich sagen, wenn diese Aufführung vom umliegenden Flüchtlingsheim aufgeführt worden wäre, wäre ich begeistert gewesen. Für ein Londoner Westend-Theater war das eine Unverschämtheit!
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