Das Burgtheater Wien führt die deutschsprachige Erstaufführung des Stückes Die Nebenwirkungen auf, das unter anderem das Thema Impfungen behandelt, aber bereits 2016 – also vor Corona – geschrieben wurde. Insofern geht es im Stück um die MMR (Masern, Mumps, Röteln) Impfung, die damit verbundenen Fragestellungen sind aber allgemeingültig und inzwischen in der gesamten Gesellschaft präsent.
Das Stück spielt im Schulelternbeirat einer amerikanischen Privatschule, die achtsamer sein will, als andere insbesondere öffentliche Schulen, wo mehr Menschen mitgenommen werden sollen. Zu Beginn des Stückes blicken wir auf einen sehr großen Stuhlkreis, der offenbar symbolisiert, dass hier alle eingebunden sind. Danach trifft sich der Schulelternbeirat.
Es hat eine gewisse Komik, wenn der Kreis aus fünf Menschen sich um inklusive Sprache bemüht und versucht alles im Konsens zu lösen. Ich kenne das in meiner Blase natürlich auch und der Großteil des Publikums sicher auch. Im Stück wird das durchaus auf die Spitze getrieben.
Dann passiert es aber, dass an der Schule Mumps ausbricht und die Gesundheitsbehörde die Weisung erteilt, dass nur noch geimpfte Schüler am Unterricht teilnehmen dürfen. Hier nimmt das Stück eine Wendung, an der schließlich die inklusive Gemeinschaft der Schule scheitert. Die Problematik ist uns wohlbekannt: wo endet die Eigenverantwortung, wo beginnt die Verantwortung für die Gemeinschaft, wer hat die Deutungshoheit über Wahrheit?
Schließlich beginnt das neue Schuljahr, allerdings ist der Stuhlkreis vom Beginn des Stückes viel kleiner geworden. Offenbar konnten nicht alle Menschen mitgenommen werden.
Im Stück spielen fünf Personen mit. Das Bühnenbild kommt mit den Stühlen aus, die wir alle aus unserer Schulzeit kennen. Die Schauspieler waren ausgezeichnet, die Rollen wurden wirklich perfekt getroffen! Besonders schön war die Videokonferenz mit anderen Eltern, deren Rückmeldungen man nur als Chatnachrichten sehen konnte. Wer je Facebook- oder Youtube-Kommentare zu den entsprechenden Themen gelesen hat, fühlte sich daran erinnert! Die Stimmung wurde auf den Punkt eingefangen!
Die Frage, die mich nach dem Stück beschäftigt ist: wie oft können wir es uns erlauben, dass der Stuhlkreis kleiner wird und wie schaffen wir es, dass er wieder wächst? Das war eine sehr schöne Symbolik, aber die Frage weiß ich leider nicht zu beantworten!
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