Die Filarmónica Joven de Colombia (The Colombian Youth Philharmonic, #LaJoven) unter der Leitung von Andrés Orozco-Estrada war in der Alten Oper in Frankfurt zu erleben; als Gaststar war Hilary Hahn mit dabei!
#LaJoven ist das Jugendsymphonieorchester von Kolumbien – ein Vorzeigeprojekt der Fundación Bolívar Davivienda und der Unternehmensstiftung Grupo Bolívar mit dem Ziel Karrieren in der klassischen Musik zu fördern. Die Musiker sind zwischen 16 und 24 Jahren alt und das Orchester wird von renommierten Dirigenten geleitet. In den letzten zehn Jahren wurden mehr als 40 künstlerische Projekte in Zusammenarbeit mit internationalen, professionellen Orchestern durchgeführt, entsprechend professionell ist auch #LaJoven!
Das erste Stück Travesía von Wolfgang Ordoñez von 2012 war groß besetzt. Wolfgang Ordoñez ist ein kolumbianischer Komponist und in seinem Werk spielen verschiedene kolumbianische Tänze eine Rolle. Das war auf jeden Fall sehr mitreißende und rhythmische Musik!
Nach der bewegenden Eröffnung gab es erst einmal eine Ansprache von Andrés Orozco-Estrada – ganz spontan hatte er es sich erst kurz vor dem Konzert überlegt, und da war es dann schon zu spät ein Mikrofon zu organisieren. In dem jungen Orchester würde so viel Energie drin stecken. Es wäre nun das neunte und letzte Konzert der Tournee; man wäre müde, aber freue sich besonders auf das Konzert in Frankfurt – Andrés Orozco-Estrada war lange Jahre Chefdirigent des HR-Sinfonieorchesters in Frankfurt gewesen und ist in Frankfurt immer noch sehr beliebt! Vor der Tournee hätte man sich für eine Woche in Dortmund getroffen und dort morgens, mittags und abends geprobt. Außerdem hätte man das Programm umgestellt – weil Künstler eben so sind. Der Sibelius würde besser vor den Mendelssohn passen. Außerdem würde er auch nur sieben Minuten dauern, nicht fünfzehn, wie es im Programmheft stünde. Aber wenn wir anschließend fleißig applaudieren würden, dann würde Hilary Hahn zwei Zugaben spielen und dann kämen wir wieder auf unsere fünfzehn Minuten! Die Ansprache war wirklich spontan!
Dann kam Hilary Hahn. Das erste Stück war dann die Serenade für Violine und Orchester Nr. 2 von Jean Sibelius. Ein wunderbares kurzes Stück, bei dem die Violine sehr schön zur Geltung kommt. Hilary Hahn ist wirklich eine tolle Geigerin und man konnte die Interaktion zwischen ihr, dem Orchester und dem Dirigenten hier schon spüren.
Weiter ging es mit dem Konzert für Violine und Orchester von Felix Mendelssohn Bartholdy. Ein dreisätziges Werk, sehr melodisch und leichfüßig. Hilary Hahn lächelte viel, ebenso Andrés Orozco-Estrada, offenbar hat es den beiden sehr gefallen. Und so ging es auch dem Publikum! Es gab Standing Ovations und wie versprochen gab es noch zwei Zugaben von Frau Hahn: aus einer Partita von Bach. Schöne Geste von Hilary Hahn: sie hat aus dem Blumenstrauß, den sie vom Veranstalter geschenkt bekommen hat, eine Rose herausgezupft und der Konzertmeisterin von #LaJoven geschenkt!
Nach der Pause gab es wieder eine Ansprache von Andrés Orozco-Estrada. Es ging um das nachfolgende Werk, der Sinfonie Nr. 5 von Dmitri Schostakowitsch von 1937. Schostakowitsch stand unter stalinistischer Beobachtung und musste ein Werk abliefern, dass die Behörden zufrieden stellte. Tatsächlich stand er immer mit einem Bein im Gefängnis und so ist es eines der russischen Werke, die man heute guten Gewissens hören kann! Tatsächlich kam das Stück bei der Obrigkeit gut an, obwohl es von Schostakowitsch durchaus ironisch zu deuten war.
Während der Ansprache erläuterte uns Herr Orozco-Estrada, dass das Orchester für das Stück eine Art Choreographie einstudiert hätte. Wir sollten keine Angst haben, es würde jede Note gespielt. Aber das Stück wäre so emotional, dass dieses junge Orchester über die reinen Noten hinaus mitgehen würde. Und für den dritten und lyrischen Satz wäre es so, dass das Publikum auch mitmachen kann – man hatte an Teile des Publikums elektrische Kerzen verteilt, und die könne man anschalten, wenn das Orchester das auch täte. Und dann könnten wir hoffen, dass von dem Licht ein kleines Stück Hoffnung in die Welt getragen würde. Das wäre gerade heute so nötig.
Ohne Frage war das Publikum begeistert und machte natürlich während des dritten Satzes mit! Bereits nach dem Ende des zweiten Satzes, bei dem der Saal kurzzeitig in Dunkelheit gehüllt wurde, brandete Applaus auf und am Ende stand wirklich der ganze Saal! Noch nie habe ich so viele Musiker in Tränen gerührt gesehen!
Und tatsächlich gab es dann noch eine Zugabe des Orchesters, wieder ein kolumbianischer Tanz. Das Publikum möge doch bitte mitmachen, damit es schön klänge. Und wenn wir gut mitmachen würden, dann würde es sogar sehr gut klingen! Wir haben alle mitgemacht, es war fantastisch!
Beim Weg zum Ausgang fiel mir auf, dass zwei der Trompeter aus dem Orchester auch nach unten gingen. Und tatsächlich war es dann so, dass es im Foyer der Alten Oper noch ein kleines Nachkonzert stattfand. Zunächst nur mit den beiden Trompetern, aber nach kurzer Zeit waren es schließlich zehn Bläser und Perkussionisten – es ging nicht lange, aber es war eine wirklich ausgelassene Stimmung! Ein ausgesprochen tolles Erlebnis!
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