Im Rahmen des Musikfestivals Heidelberger Frühling erklangen in der Alten Aula der Universität Heidelberg lauter Stücke für Bratsche und Klavier. Das habe ich so noch nicht erlebt. In der Regel hört man Geige und Klavier oder, wenn es etwas ungewöhnlicher ist, Cello und Klavier. Die Bratsche ist als Solo-Instrument fast nie zu hören. Aber es war toll zu hören!
Wie man dem Programm entnehmen kann, ist die Bratsche gleich gestimmt, wie ein Cello, nur eine Oktave höher. Sie ist also ein echtes Zwischenwesen und kann sehr tief klingen, eben wie ein Cello, aber auch sehr hoch und kommt so fast an eine Geige heran. Wie der Bratschist Timothy Ridout im anschließenden Künstlergespräch sagte, ist das schöne an der Bratsche, dass man sich sowohl bei den Stücken für Geige, wie auch bei den Stücken für Celli bedienen kann.
Das Konzert begann mit einem Konzertstück von George Enescu, das eigens dafür geschrieben wurde, die Virtuosität von Bratschisten herauszufinden. Das jedenfalls war ausgezeichnet gelungen, ist Timothy Ridout doch wirklich ein außergewöhnlicher Virtuose auf seinem Instrument!
Weiter ging es mit der Élégie in c-Moll von Gabriel Fauré, die ursprünglich für Cello geschrieben wurde, aber von Lionel Tertis für Bratsche umgeschrieben wurde. Ein fantastisches Stück, ebenfalls fantastisch gespielt. Insbesondere das Zusammenspiel zwischen Timothy Ridout und Frank Dupree während des gesamten Konzertes war beeindruckend! Frank Dupree hat sich so zurückgenommen, wie das notwendig war, ohne irgendwie blass zu wirken. Die beiden kennen sich inzwischen seit acht Jahren und das hört man auch!
Als nächstes stand die Sonate für Viola und Klavier von Rebecca Clarke auf dem Programm. Ein deutlich umfassenderes Stück, als die beiden davor, mit sehr viel Tiefgang.
Nach der Pause ging es weiter mit zwei Stücken für Viola und Klavier von Frank Bridge, einem der Lehrer von Benjamin Britten. Eigentlich gehören die Stücke nicht zusammen, werden inzwischen aber üblicherweise zusammen aufgeführt. Besonders das leidenschaftliche zweite Stück hat mir sehr gut gefallen!
Zum Abschluss hörten wir dann die Sonate für Viola und Klavier Nr. 1 in c-Moll von York Bowen, der maßgeblich für das Repertoire für Viola beigetragen hat. Auch wieder ein Stück mit viel Tiefgang, das wunderbar vorgetragen wurde.
Das Publikum in der ehrwürdigen Alten Aula der Universität war begeistert. Als erste Zugabe gab es dann das Praeludium und Allegro von Fritz Kreisler, ursprünglich geschrieben für Violine und Klavier. So ein wunderschönes Stück!
Direkt danach kam es zum Künstlergespräch. Auch hier stand das Thema Bratsche ganz im Vordergrund. Eine schöne Frage war, weshalb Timothy Ridout denn Bratsche (und nicht Violine) gelernt hat. Die Antwort ist so gut nachvollziehbar: in der Schule hat eben der Bratschist ein Stück von Harry Potter gespielt und das wollte er eben auch können. Natürlich hat er zwischendurch auch Violine gelernt, ist dann aber wieder zur Bratsche zurückgekommen.
Interessant auch die Bratsche auf die er spielt: sie stammt von Peregrino die Zanetto aus dem Jahr 1565. Sie hat eine etwas ungewöhnliche Form (etwas breiter und flacher, als eine gewöhnliche Bratsche) und Timothy ist begeistert über die Klangvielfalt, die man ihr entlocken kann.
Nach dem relativ kurzen Künstlergespräch gab es noch eine zweite Zugabe: First Meeting, Souvenir von Eric Coates, geschrieben für Lionel Tertis 1941. Das Stück wurde danach für Violine umgeschrieben und später von John Wilson wieder für Viola editiert.
Das war ein tolles und unerwartetes Konzert, bei dem ich viel Neues kennengelernt habe. Ursprünglich wollte ich einfach die Alte Aula sehen und als Konzertsaal erleben und Frank Dupree wieder hören. Bekommen habe ich viel mehr. Und die Alte Aula ist wirklich beeindruckend!
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