Das Rheingau Musikfestival hat dieses Jahr unter anderem einen Fokus auf Vivaldis Vier Jahreszeiten – weshalb gerade in diesem Jahr, wo das Werk doch erst 2025 sein 300jähriges Bestehen feiert, erschließt sich mir nicht. Unabhängig davon ist die Auseinandersetzung mit dem Werk aus unterschiedlichen Perspektiven natürlich wertvoll.
In Klassik meets Folk wird das Werk von Martynas Levickis und dem von ihm gegründeten Mikroorkéstra aufgeführt. Martynas Levickis ist einer der erfolgreichsten Akkordeonspieler der Welt – ich hatte ihn vor drei Jahren schon einmal erlebt. Damals im Leipziger Gewandhaus, diesmal im Casals Forum in Kronberg. Das Casals Forum ist für Kammermusik wie sie hier geboten wurde einfach perfekt!
Den vier Konzerten wurde jeweils ein litauisches Volkslied vorangestellt; Matynas Levickis hat dazu offenbar eine intensive Beziehung. Das spürte man auch! Mir war erst nicht klar, ob er die Volkslieder selbst komponiert oder nur arrangiert hatte, aber letzteres war wohl der Fall. Auf jeden Fall war das Arrangement ganz besonders: den Instrumenten wurden teilweise Töne entlockt, die über ihr übliches Klangspektrum hinaus gingen – ohne aber jemals unangenehm zu klingen! Besonders das vierte Volkslied Rūta žalioj hat mich und das Publikum begeistert und es kam zum spontanen Applaus. Ich habe es nur in einer Fassung ohne Mikroorkéstra gefunden:
Auch das Arrangement der vier Jahreszeiten war einzigartig. Levickis übernahm natürlich die Rolle der Solovioline, hat dabei aber das Spektrum des Akkordeons voll ausgereizt, so dass er manchmal wie ein Holzblasinstrument, manchmal wie ein Horn, manchmal aber auch wie eine Orgel klang. Manchmal war aber auch nur das Atmen des Blasebalgs zu hören.
Dabei spielte er aber immer intensiv mit dem Mikroorkéstra – bestehend aus dreizehn Streichern plus Cembalo – zusammen! Oft war er den Violinen auf der einen Seite, dann wieder den Celli auf der anderen Seite zugewandt. Auf jeden Fall wurde intensiv kommuniziert und alle Musiker vermittelten den Eindruck, dass sie viel Spaß hatten. Und diese Freude hat sich auch auf das Publikum übertragen.
Einen Eindruck wie das klingt habe ich hier gefunden:
Am Ende gab es Standing Ovations und zunächst eine Zugabe, Tango pour Claude von Richard Galliano. Aber das Publikum war so begeistert, dass es die Musiker nicht ohne weitere – und wahrscheinlich ungeplante – Zugabe gehen lassen wollte.
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