Vorgestern war also Uraufführung von „Ich sehe was, was du nicht siehst“. Was hatte ich erwartet? Nichts Konkretes natürlich, aber von der Beschreibung her so etwas, wie einen Thriller. Und so beginnt das Stück ja auch: im Krankenhaus. Irgendetwas Schlimmes ist passiert und das wird nun aufgerollt. Und während die erste Hälfte des Stückes tatsächlich auf eine Art Thriller hinausläuft, verändert sich alles in der zweiten Hälfte.
Plötzlich werden Dinge klarer, die sich bereits in der ersten Hälfte abzeichnen, die aber nebelig bleiben und erst beim zweiten Betrachten des Stückes offensichtlich sind. Und so nimmt die zweite Hälfte des Stückes ihren Lauf und kulminiert in eben jener Situation im Krankenhaus, bei der man als Zuschauer nur noch hofft, dass sich alles zum Guten wendet, oder zumindest ein Hoffnungsschimmer auftaucht. Den aber verwehrt uns das Stück.
Ein ganz starkes Stück, womöglich eines der besten des JTB überhaupt, das aber eben nicht mit der Leichtigkeit der Komödie „Wenn ich Du wär“ daherkommt, auch wenn es trotzdem oft etwas zu Lachen gibt. Aber es gibt eben auch etwas zum Weinen und es geht um Liebe und Sex. Und es gibt zwei der schönsten Liebeserklärungen: wenn Finn sagt, dass er so täte schwul zu sein wenn er damit verhindern könnte, dass sich Luca umbringt und später Lucas Angebot Finns Ferienjob zu übernehmen, damit dieser mit seiner Freundin Clara wegfahren kann.
Aber um so etwas auf die Bühne zu bringen bedarf es natürlich auch der passenden Darsteller. Drei davon kennen wir schon: Carlo Hajek als Finn, Leon Döhner als Luca und Victor Pasztor als Felix. Neu sind Mascha von Kreisler als Clara und Bianca Lehmacher als Emily. Es gibt nur Hauptrollen (von Anja von der Lieht als Ärztin abgesehen) wobei Carlo und Leon in ihren Rollen noch herausgehoben sind. Alle spielen hervorragend, Carlo und insbesondere Leon herausragend. Durchgängig sind alle mit einer derartigen Authentizität auf der Bühne, dass die Bühne verschwindet und die Aufführung real wird.
Unterstützt wird das Ganze von der fantastischen Musik von Serge Weber, die mich teilweise an das Violinkonzert von Philip Glass erinnert. Sie spiegelt sozusagen die traurige und düstere Stimmung, die sich im Lauf des Stücks entwickelt.
Das Bühnenbild ist einfach gehalten, der Wald durch Tücher angedeutet, was wunderbar funktioniert. Umso mehr konzentriert sich natürlich alles auf das Spiel der Darsteller!
Eine winzige Anmerkung sei mir gestattet: wenn es heißt, dass Luca Finn küssen soll ruft der entrüstet aus: „aber nicht mit Zunge!“. Dies ergibt nur Sinn, wenn man ihm unterstellt, dass er die Reaktion der Mädchen antizipiert oder es seiner Maskerade dient, die er aber zu diesem Zeitpunkt schon fast abgelegt hat.
Danke für dieses Stück!
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