Diesmal geht es weder um ein Konzert, ein Theaterstück oder eine Oper, sondern um eine DVD-Reihe, in der Stefan Mickisch den Ring des Nibelungen spielt und erklärt. Auf insgesamt sechs DVDs mit rund 9 Stunden Spielzeit erklärt Stefan Mickisch die vier Teile des Rings – überwiegend beispielhaft am Flügel.
Stefan Mickisch hat mich bereits bei der Erklärung des Parsifal begeistert, die ich live im Wiener Konzerthaus erleben konnte. Leider ist es mir seitdem nicht mehr gelungen, ihn live zu sehen. Immerhin habe ich mir diese DVD-Sammlung schenken lassen, die 2015 erschienen ist – als Folge der 2013 erschienenen Sendung (und Bluray) The World of the Ring, die ich bereits besprochen habe. Der Regisseur Eric Schulz und Stefan Mickisch haben sich während der Dreharbeiten kennengelernt und beschlossen, dass Stefan Mickisch den ganzen Ring auf seine Weise erläutern sollte.
Mir erscheint das nur konsequent wenn man bedenkt, dass Stefan Mickisch 16 Jahre lang, von 1998 bis 2013, alle Einführungsvorträge zu den Bayreuther Festspielen gehalten hat – nach einer Pause auch wieder 2019.
Was ist so besonders an Stefan Mickischs Art und Weise das Werk Wagners zu erläutern? Zunächst einmal verfügt er über ein enormes Hintergrundwissen: musikalisch, historisch, philosophisch, mythologisch. Er ist damit in der Lage den Ring in seiner gesamten Komplexität zu erfassen und zu erklären. Und das tut er sehr charmant und unterhaltsam, manchmal auch humorig und launig. Es fällt leicht ihm zuzuhören, gleichzeitig muss man oft staunen, welche Querbezüge er herstellt – sei es musikalisch zu anderen Komponisten oder historisch zum Leben Wagners.
Darüberhinaus ist Stefan Mickisch ein begnadeter Pianist. Innerhalb der 9 Stunden spielt er große Passagen des Rings auf seinem Flügel und seziert viele Stücke, so dass man sie verstehen lernt. Wagners Musikdrama besteht aus der musikalischen und aus der sprachlichen Ebene. Oft ergänzen sich diese Ebenen, aber manchmal werden Dinge auch ausschließlich musikalisch ausgedrückt und manchmal widersprechen sich die Ebenen sogar. Wenn man die musikalische Ebene nicht versteht, bleiben dem Hörer/Zuschauer Teile des Rings verborgen. Stefan Mickisch deckt diese auf.
Er erklärt viele der insgesamt 261 Motive des Rings und erklärt auch die Verwandschaft vieler Motive zueinander oder wie sich Motive aus anderen Motiven heraus entwickeln. Er erklärt auch die Wirkung eines Motivs – und wenn man weiß, wie ein Motiv wirken soll und es dann hört, dann wandelt sich das unbewusste Wahrnehmen in bewusstes Verstehen.
Ebenso erläutert Mickisch die Bedeutung der verschiedenen Tonarten, die Wagner ganz bewusst einsetzt, um bestimmte Stimmungen zu erzeugen bzw. bestimmte Aussagen zu tätigen. Andere Komponisten tun es ihm gleich und verwenden die gleichen Tonarten, so dass man quasi von einer Tonartensprache sprechen kann. Beispielsweise ist das Hauptthema in Beethovens Eroica in Es-Dur gesetzt, genau wie Siegfrieds Rheinfahrt in der Götterdämmerung. Die Tonart Es-Dur steht also für das Heldenhafte. Und wenn man das vorgespielt bekommt, kann man das auch nachvollziehen.
Überhaupt beeindruckt mich am meisten der Vergleich einzelner Passagen mit Passagen aus Werken anderer Komponisten, die Stefan Mickisch manchmal nahtlos aneinander reiht. Die Werke stehen eben nicht singulär nebeneinander. Vielmehr baut Musik auf bestehender Musik auf; kopiert, verändert oder erweitert sie.
Wer den Ring des Nibelungen detaillierter verstehen will, der sollte sich diese DVD-Sammlung auf keinen Fall entgehen lassen. ich bin restlos begeistert und kann sie jedem Fan des Ringes oder jedem, der Fan werden will nur ans Herz legen. Bestellen kann man die Sammlung nur bei Stefan Mickisch selbst.
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