Auf dem Rheingau Musik Festival im Fürst von Metternich Konzert-Kubus auf Schloss Johannisberg waren diesmal nicht nur die beiden genialen Pianisten Lucas & Arthur Jussen zu Gast – sie hatten noch Unterstürzung durch die beiden Perkussionisten Alexej Gerassimez und Emil Kuyumcuyan.
Das Konzert bewegte sich im Umfeld der neuen Musik bis hin zur zeitgenössischen Musik. Es war ein sehr beeindruckendes und sicher nur selten zu erlebendes Konzert – in dieser Konstellation wahrscheinlich einzigartig!
Zunächst ging es los mit der Sonate für zwei Klaviere und Perkussion von Béla Bartók aus dem Jahr 1937. Davor hat es das so noch nie gegeben! Zwölftonmusik, durchaus ungewöhnlich und entgegen einfacher Hörgewohnheiten, aber es war eine unglaubliche Intensität, die von den vier Musikern hervorgezaubert wurde! Schon nach dem ersten Satz kamen die ersten Bravo-Rufe. Spannend fand ich, dass der zweite Satz oft an die Rhapsody in Blue erinnerte – quasi parodistisch, aber in der ursprünglichen Form. Insbesondere auch faszinierend das Zusammenspiel der Musiker, man schaute sich an, man hörte aufeinander! Dies zog sich durch das gesamte Programm
Das zweite Stück war ein Solo der beiden Perkussionisten. Alexej Gerassimez – 35 Jahre und Professor für Schlagzeug an der Hochschule für Musik und Theater in München – hat es Anfang des Jahres geschrieben. Es trägt den Titel Stonewave, weil für einen großen Teil des Stückes Fliesen als Klangkörper verwendet werden. Ein ungewöhnliches Stück!
Nach der Pause ging es dann aus unserer Sicht relativ normal weiter, mit La Valse für zwei Klaviere von Maurice Ravel. Aber wie mögen die Zuhörer das 1920 empfunden haben? Sozusagen die Dekonstruktion des Walzers. Von Ravel als Ballettmusik gedacht, aber von Diaghilew als Ballettmusik abgelehnt wurde es erstmals 1929 als Ballett aufgeführt. Ich konnte es mir sofort als Ballett vorstellen, aber Hörgewohnheiten und Sichtweisen haben sich inzwischen eben geändert. Definitiv wieder eine brillante Aufführung der Jussens. Ich kann mir kein harmonischeres Klavierduo vorstellen, als diese beiden Brüder!
Danach folgte wieder ein zeitgenössisches Stück: Frank’s House von Andrew Norman. Ein Stück, bei dem die beiden Perkussionisten verschiedene Gegenstände nutzten, die man nicht als Musikinstrumente einordnen würde, z.B. gewöhnliche Gitter, ein Blech, ein Stück eines Metallrohres bis hin zu Zeitungspapier, das zu gegebener Zeit zerrissen oder zerknüllt wurde. Dargestellt werden vier verschiedene Räume, dargestellt durch die vier Musiker, die aber auch intensiv miteinander kommunizierten. Wie es im Programmheft lautetet: jede Aufführung ist ein singuläres Ereignis. Es war spannend, so etwas erleben zu können!
Zum Abschluss erklangen dann die Symphonic Dances aus der West Side Story von Leonard Bernstein in einer Bearbeitung für zwei Klaviere und Perkussion – bisher gab es nur ein Arrangement für zwei Klaviere. Aber auch hier funktionierte der Split wunderbar. Pauke, Trommel, Rassel, Becken, Marimba etc. ergänzen die Klaviere deutlich! Fantastische Musik!
Am Ende wollten uns die Musiker zum Glück nicht so traurig nach Hause gehen lassen (die Westside Story nimmt kein gutes Ende) und so spielten sie als Zugabe Short Ride in a Fast Machine von John Adams. Da ich keine passende Fassung finden konnte, hier eine für großes Orchester:
Erwartungsgemäß endete das Konzert mit Standing Ovations und Lucas Jussen bedankte sich ausdrücklich für den Wein, der beim Rheingau Musik Festival immer als Dankeschön den Künstlern anstelle von Blumen überreicht wird.
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