Im Konzerthaus Berlin gibt es eine Reihe – offenbar seit rund fünf Jahren – mit dem Namen „Mittendrin“. Gemeint ist, dass das Konzert nicht auf dem Podium vor dem Publikum stattfindet; stattdessen ist die Bühne ganz abgesenkt, das Orchester nimmt mitten im Zuschauerraum Platz und das Publikum sitzt direkt neben den Musikern. Dieses Format ist offenbar eine Idee von Iván Fischer, dem Ehrendirigenten des Konzerthausorchesters, der die Konzerte auch leitet.
Nun wurde das Werk The Passion of Ramakrishna von Philip Glass aufgeführt – die deutsche Erstaufführung! Das ist ein sechsteiliges Werk für Chor, Orchester und zwei Solisten. Ich saß zwischen zwei Chorsängern (Tenor und Bariton), genau vor zwei Geigern, um mich herum gab es weitere Chorsänger und noch mehr Geiger und Bratschisten. In der Mitte des Saals stand das Podium für den Dirigenten und die Solisten. Noch vor dem Konzert bin ich mit dem Tenor neben mir ins Gespräch gekommen. Der Chor war das Chorwerk Ruhr aus Bochum, die sonst eher in kleinerer Besetzung auftreten, aber zu diesem Konzert mit 40 Sängern anwesend waren. Die Sänger wussten noch nicht, ob währdend des Konzertes sitzen oder stehen würden. Das hat Iván Fischer ganz spontan zu Beginn des Konzerts entschieden – indem er die Chorsänger einmal hat aufstehen lassen, um dann zur Freude der Musiker zu festzulegen, dass es besser ist, wenn die Sänger sitzen, auch wenn sie dann schlechter singen können.
Bevor es losging, hat Iván Fischer die Grundzüge des Werks erklärt und auch vor jedem Abschnitt den folgenden Abschnitt erläutert. Ich finde es toll, wenn ein Stück so moderiert wird und man auf diese Weise das Stück richtig kennenlernt. Am Ende müsste man es nur noch einmal vollständig hören.
Aber die Idee, das Konzert mittendrin zu erleben, ist einfach fantastisch! Das ist ein ganz besonderes Erlebnis, das sich mit einem normalen Konzertbesuch nicht vergleichen lässt. Ich war sehr überrascht, wie laut zum Beispiel die Chorsänger gesungen haben – habe mir hinterher erklären lassen, dass sie eventuell etwas lauter gesungen haben, als sonst, weil die anderen Stimmen etwas schwerer zu hören waren, aber nicht wesentlich lauter. Ebenso war hat mich die Lautstärke der Geigen überrascht. Natürlich nimmt man das Konzert akustisch nicht so wahr, wie wenn das Orchester auf dem Podium sitzt, aber genau darum geht es bei diesem Format ja. Und man konnte auch die ganze Zeit die Partitur mitlesen, was auch eine andere Wahrnehmung des Konzertes war.
Aber nicht nur die Aufführungsform des Konzerts war toll, auch der Chor war richtig gut, die Musiker – soweit ich das beurteilen konnte und auch die Solisten. Insbesondere handelte es sich aber auch um ein beeindruckendes Werk von Philip Glass, der für meinen Geschmack ohnehin zu selten aufgeführt wird.
Offenbar konnte man auch Fragen zu dem Konzert an das Konzerthaus schicken. Iván Fischer hat die Fragen nach dem Konzert noch beantwortet. Definitiv will ich diese Art von Konzert nochmal erleben!
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