Das Junge Theater Bonn hat die Geschichte Momo von Michael Ende (neu) inszeniert. Das Buch stammt von 1973, ist also bereits ein halbes Jahrhundert alt – und hat doch an Aktualität nichts verloren. Behutsam wurde das Stück in die Jetztzeit transponiert, so dass sich die Kinder und Jugendlichen besser darin zurechtfinden können. Aber die Geschichte ist die Alte: Zeitdiebe stehlen uns – insbesondere den Erwachsenen – die Zeit und sorgen dafür, dass man immer schneller und effizienter seine Arbeit und Freizeit gestaltet und keine Zeit bleibt um innezuhalten und das Leben zu genießen. Momo stellt sich dagegen, indem sie einfach nur da ist und den Menschen zuhört.
Die Inszenierung von Olja Artes im Jungen Theater hat mich wie so oft begeistert. Die Kulisse ist stellt im Wesentlichen das Amphitheater dar, in dem Momo lebt. Alle anderen Orte entstehen dadurch, dass über die Handlung klargestellt wird, worum es sich handelt. Mehr braucht es nicht! Einige Szenen des Stückes wurden als Lieder inszeniert, die ballethaft choreographiert wurden, wobei die Stücke rund um Momo eher lyrisch waren, während die Zeitdiebe mit harten Tekknoklängen begleitet wurden. Das hat mir sehr gut gefallen! Die Musik stammt von Mo Sommer.
Die Zeitdiebe waren alle in grau gekleidet (im Buch heißen sie auch die grauen Männer, aber hier waren auch Frauen in der Rolle zu sehen) und auch das Licht war entsprechend kalt. Cool war auch der Effekt, dass sie immer wieder Rauch ausgestoßen haben – das hat die von ihnen ausströmende Kälte real werden lassen. Vom Auftritt und der Erscheinung her, wirkten die Zeitdiebe sehr bedrohlich!
Genial ist die Umsetzung der Schildkröte Kassiopeia, die im Buch genau eine halbe Stunde in die Zukunft sehen kann, und die Momo hilft vor den Zeitdieben zu entkommen – letztlich ein Schildkrötenkostüm, in das der Schauspieler Gurmit Bhogal schlüpft, der dann über die Bühne rollen kann. Hier haben wieder die Puppenbauer wieder Tolles geleistet – offenbar eine Leihgabe des Staatstheaters am Gärtnerplatz in München.
Herausragend fand ich Jan Herrmann in der Rolle des Beppo Straßenkehrer: er hat diese Rolle so glaubwürdig und sympathisch gespielt! Ebenso herausragend Andrea Brunetti als Agent BLW, die von Momo überführt wird und dann von ihren eigenen Agenten exekutiert wird – insbesondere in der Auseinandersetzung mit Momo fand ich das brillant!
Insgesamt wieder eine tolle Aufführung, die den Weg nach Bonn lohnt!
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