Das Junge Theater Bonn hat das Stück Das Tribunal (The Trial im Original) von Dawn King auf die Bühne gebracht. Interessanterweise hatte das Stück seine Premiere im Januar 2022 in Düsseldorf, bevor es im August 2022 in London aufgeführt wurde – dort sogar mit Netflix Star Joe Locke.
Das Stück spielt in nicht allzu ferner Zukunft – die Lebensbedingungen auf der Erde sind kaum noch erträglich. Draußen hat es 50°C, Schnee gibt es keinen mehr, die Umweltverschmutzung ist so schlimm, dass man nicht mehr nach draußen geht. Es gibt viele Flüchtlinge, viele Menschen sind aber auch aufgrund der Naturkatastrophen ums Leben gekommen.
Wir werden Augenzeuge eines Tribunals. Zunächst hat eine erwachsene Person (“Dinosaurier”) fünf Minuten Gelegenheit sich zu verteidigen. Dann wird die Person abgeführt und eine Gruppe von 12 Jugendlichen beurteilen seinen Fall. Sie haben dazu 15 Minuten Zeit, dann müssen sie entscheiden, ob die Person schuldig ist und damit zum Tode verurteilt wird.
Schuldig ist man für Umweltverbrechen, wie fahren eines Verbrenner-Autos, für Flugreisen, aber auch dafür, dass man zu viele Kinder hat, die ja auch alle CO2 und andere Ressourcen verbrauchen. Und alle haben es gewusst, weil der IPCC Bericht ja eine klare Sprache gesprochen hat; insofern kann sich auch niemand damit herausreden, dass sie ja nur im Rahmen der geltenden Gesetze gehandelt haben. Hier wird auch im Stück der Bezug zu den Nürnberger Prozessen hergestellt.
Natürlich sind sich die Jugendlichen nicht einig, es gibt welche, die stehen grundsätzlich auf der Seite der Ankläger und erklären die Erwachsenen immer für schuldig, aber es gibt auch die andere Seite, die immer die Umstände anführt und für die Erwachsenen spricht. Außerdem gibt es welche die sich immer enthalten, weil sie die Entscheidung nicht verantworten können. Die anderen müssen überzeugt werden, aber es gewinnt immer die Seite, die für das Todesurteil spricht.
Das dritte (und letzte) Urteil ist besonders schwer, weil es sich – wohl aus Versehen – um die Mutter einer der Jugendlichen handelt, die entscheiden müssen.
Man spürt schon, das Stück ist sehr konstruiert. Der Bezug zu den Nürnberger Gesetzen ist arg weit hergeholt. Dass in dieser Form geurteilt wird ist absurd – ganz besondere der dritte Fall. Aber es geht natürlich auch um die Zuspitzung und allgemein der Fragestellung, welche Verantwortung jeder Einzelne trägt.
Tatsächlich ist die Verantwortung des Einzelnen begrenzt. Jeder kann etwas tun, wir wissen alle, was das ist. Aber am Ende braucht es die Politik und die Industrie, um die großen Schritte zu gehen. Wir werden uns also nicht vor so einem Tribunal wiederfinden.
Schöne Idee bei der Inszenierung: das Stück nutzt das Bühnenbild von “Die Welle“, um den ökologischen Fußabdruck zu verringern.
Interessant ist, dass die Erwachsenenrollen nur jeweils einen Monolog halten. Und dies machen sie wirklich ausgezeichnet und sehr glaubhaft! Und danach sind die Jugendlichen alleine auf der Bühne. Das machen sie hervorragend! Zuletzt habe ich das so bei Herr der Fliegen erlebt.
Insgesamt ein interessantes Stück, das wirklich gute Momente hat. Aber dennoch für meinen Geschmack zu konstruiert und unglaubwürdig.
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